Rückkehr in den Alltag – schwer oder leicht?

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Gerade stelle ich mir vor, wie ihr einen Newsletter von Hiking4Haiti bekommt und euch wundert. Wie, die beiden sind doch längst wieder zurück. Ist das jetzt Spam? Aber neugierig seid ihr schon und klickt auf den Newsletter. Zumindest hoffe ich, dass es so ist. Naja, wenn die Email im Spam gelandet ist, werde ich das nie erfahren. Und ihr auch nicht. Also sind alle happy. Ausser, dass ihr dann verpasst, wie es weitergeht mit uns.

Im November 2019 sind wir also wohlbehalten wieder nach Hause gekommen. Bis Ende des Jahres haben wir den dritten Brunnen zusammengehabt und so konnte eine weitere Gemeinde sich an lebenslang sauberen Wasser erfreuen. Übrigens sind wir im regelmäßigen Austausch mit Haiti Outreach, oft verfolge ich auch in der Datenbank den Stand unserer Gemeinden. Alle Daumen hoch, die Gemeinden halten sich an alle vereinbarten Dinge, die Brunnen sind funktionsfähig und werden gehegt und gepflegt und der monatliche Kontostand für etwaige Reperaturen steigt in kleinen Schritten an.

Noch voller Energie von unserem Jahr haben wir dann unsere Wohnung verkauft, einen Umzug organisiert, ein Auto gekauft und beide wieder zu arbeiten begonnen. Ich am 01.01, Heiko am 01.02. Wie schnell ist man wieder in einem Rhythmus der so konträr ist zu dem, den wir im letzten Jahr hatten. Wir waren überrascht, wie wenig schmerzhaft die Rückkehr war. Irgendwie haben wir in dem Jahr nie hinterfragt, wo wir gerade waren. Da wo wir waren, war es gut. Und genauso war es dann wieder hier in Deutschland zu sein. Also nicht das befürchtete „Loch“. Trotzdem gibt es natürlich Tage an denen man die Einfachheit des Vorjahrs vermisste. Einfach „Schlafen – wandern – essen“. Die grössten Sorgen waren, ob man den Fluss überqueren kann und ob genügend Schokolade und Whiskey da ist. Stark auffällig ist der Kontrast im Besitz. Ein Jahr lang haben wir alles in einem Rucksack herumgetragen – und wir haben nichts vermisst. Als wir dann für den Umzug gepackt haben, stellte sich oft die Frage – warum hat man soviel Zeug? Und dabei sind wir beide keine „Sammler“, haben für den Umzug wieder weiter ausgemistet. Trotzdem hat man mehr als man braucht, und glücklich macht der Besitz nicht wirklich. Die Tage der vollkommenen Zufriedenheit waren im letzten Jahr sicherlich mehr als in jedem anderen Jahr zuvor. Aber, man gewöhnt sich schnell wieder daran, einen ganzen Schrank voller Kleidung zu besitzen, sich täglich zu duschen und bei Hunger einfach den Kühlschrank aufzumachen. Haben wir uns geändert in diesem Jahr? Nicht grundlegend. Ich denke, manche Dinge nimmt man bewusster war. Die grösste Veränderung ist, dass Heiko nun ständig kurze Hosen trägt. Hat er vorher nie gemacht. J

Was aber in jedem Fall bleibt ist die Gewissheit: Wenn man etwas ändern will an seinem Leben, liegt es nur an einem selber, es zu tun.

Rotary Club – Südliche Bergstrasse –> gemeinsam für eine weitere Gemeinde mit sauberen Trinkwasser auf Haiti!

Genug philosophische Gedanken, schliesslich ist das ein Wanderblog und ihr wisst immer noch nicht, warum ich überhaupt einen Newsletter schreibe. Also. Mit dem Umzug kam natürlich auch der Wechsel in einen anderen Rotary Club. Meine neue Clubheimat ist der Rotary Club Bensheim – Südliche Bergstrasse. Hier wurde ich unglaublich herzlich aufgenommen. In diesem kleinen und feinen Club sind viele neue rotarische Freunde, die eines gemein haben: sie wollen helfen, einen Unterschied zu machen. Schon bei meinem ersten Besuch stand die Frage im Raum, ob nicht jemand eine Idee für ein internationales Projekt hat.

Hah, natürlich habe ich das. Mit Begeisterung hat der Club meinen Erzählungen über Haiti, die Arbeit von Haiti Outreach und den bereits erreichten Brunnen verfolgt und sich sofort darauf geeinigt, dass wir das Projekt gemeinsam fortführen. Ein Clubprojekt ist geboren. Wir werden gemeinsam versuchen, einen weiteren Brunnen zu stemmen, mit Eurer Hilfe vielleicht sogar zwei, wer weiss. Wenn ihr im letzten Jahr gespendet habt, da ihr eh großzügige Spender seid, dann lade ich Euch herzlich ein, unser Clubprojekt zu unterstützen. Wie ihr wisst, kann ich garantieren, dass das Geld zu 100% Haiti Outreach zufliesst und von dort ohne Wasserkopf in die Projekte. Mein neuer Club kann ebenfalls Spendenquittungen ausstellen (ab 200€, vorher gilt der Einzahlungsbeleg).

Unsere Website habe ich entsprechend angepasst, das Spendenbarometer auf „0“ gesetzt und mit diesem Newsletter setze ich den Startschuss für unser Clubprojekt. Macht mit!

Hier könnt ihr das Spendenbarometer von der „0“ wegbewegen!

Nibelungensteig – oder – nach wie vielen 100 Kilometern sind Schuhe eingelaufen?

Da die Website ja „hiking4haiti“ heisst, möchte ich natürlich nicht nur langweilige philosophische Gedanken austauschen oder Spendenaufrufe machen, sondern euch natürlich auch weiterhin mit Wander-Erlebnissen unterhalten. Naturgemäß wird das eher ein 2 Blog pro Jahr Geschichte, aber ihr wisst ja selber wie das ist, wenn man Vollzeit arbeitet.

Wie es der Zufall will, ist unsere neue Wahlheimat, Zwingenberg, der Ausgangspunkt eines deutschen Fernwanderweges: Der Nibelungensteig, 133km quer durch den Odenwald.

So wundert es nicht, dass es uns bald schon wieder in den Füssen juckt, ein wenig zu wandern. Wobei wandern ja eigentlich nicht meine Lieblingsbeschäftigung ist. Aber ein wenig rauskommen, wieder draußen zu sein, das haben wir vermisst. Zum Einstieg wollen wir die erste Etappe laufen, ohne Gepäck, nur als (halb-Tageswanderung): Von Zwingenberg nach Reichenbach (wir laufen es anders herum). Mit 13km ist das ein netter Spaziergang nach monatelangem Rumsitzen. Wir starten am Reichenbacher Felsenmeer, einer beeindruckenden Felsenlandschaft. Naturgemäß sind wir hier nicht allein. Unzählige Menschen nutzen das schöne Wetter, um die coronabedingte sportliche Untätigkeit mit einem Spaziergang auszugleichen. Aber, wir setzen uns schnell von den Spaziergängen ab und können dann ganz allein die unwirkliche Landschaft genießen. Schritt für Schritt fühlen wir uns sofort zurückversetzt in das Jahr 2019 und freuen uns an der Bewegung, der Umgebung und der Natur. Der Aufstieg zum Felsberg ist für die geübten Wadeln natürlich ein Klacks und bringt uns nicht ins stocken. Es geht durch den schönen Odenwald wieder bergab und dann auf den Melibokus, der über Zwingenberg thront. Insgesamt 750 Höhenmeter hoch und 650 runter später kommen wir zügig wieder daheim an. Das macht Lust auf mehr.

Also nutzen wir ein verlängertes Wochenende und wollen von Freudenberg (dem Endpunkt des Nibelungensteigs) in Richtung Zwingenberg laufen, soweit uns die Füsse tragen. Wir wollen autark sein und nehmen insofern Zelt und Essen mit. Ob wir Schlafplätze finden, ist ungewiss, aber wir wollen es in jedem Fall probieren. Schließlich ist dieses Gefühl der Freiheit, wenn man nicht weiß, wo man übernachtet, für mich der eigentliche Reiz bei solchen Touren.

Niebelungensteig – Freudenberg nach Hesselbach – 50 Wanderkilometer

In Freudenberg gönnen wir uns erstmal noch ein Schnitzel und ein Bier und laufen dann um halb vier los. Ihr merkt, dass wir die vor uns stehende Tour nicht wirklich ernst nehmen. Haben wir vor dem Jahr eine solche Reise geplant und vorbereitet, bestand die Vorbereitung diesmal darin, die Rucksäcke in 20 Minuten zu packen, an der Tankstelle noch einige Müsliriegel zu besorgen und dann loszulaufen. Wir müssen über uns selber lachen, als wir vollgegessen und mit einem Bierchen im Bauch beim ersten Anstieg aus Freudenberg raus über das Gewicht der Rucksäcke stöhnen. Geschieht uns recht. Unser Ziel ist Miltenberg, bzw. ein schöner Schlafplatz kurz vor Miltenberg. Diese erste Etappe hat nur 12.6 km, aber immerhin auch wieder 500 Höhenmeter rauf und runter. Mit dem (wieder) ungewohnten Rucksackgewicht und der schon fortgeschrittenen Stunde ein, wie wir denken, gutes Ziel. Der Weg selber ist eher etwas langweilig, da es breite Wege sind. Aber der schöne Odenwald entschädigt ein wenig. Nach einiger Zeit haben wir auch wieder unseren Rhythmus gefunden und sind dann doch überrascht, als wir schon in Miltenberg ankommen. Mist. Jetzt wird es wohl nichts mehr mit wild campen. Egal. Wir suchen uns eine kleine Pension (haben Glück und können das letzte Zimmer ergattern) und lassen den Abend im Biergarten in diesem hübschen alten Städtchen ausklingen. Ein gelungener Tag.

Nach einer geruhsamen Nacht sind wir hochmotiviert für einen richtigen Wandertag: Ziel: Preunschen 26,2 Kilometer und 800 Höhenmeter Anstieg liegen vor uns. Das Wetter ist wunderbar und beschwingt laufen wir los. Bislang haben wir noch nichts aus unseren Rucksäcken gebraucht. Gut, dass wir sie dabei haben… Übrigens haben sich ein paar Blasen gebildet. Als ich sie sehe, erinnere ich mich, dass ich mit diesen Schuhen bereits auf Gran Canaria Probleme hatte. Naja, vielleicht laufen Sie sich noch ein. Heiko schaut skeptisch, da ich schon über 200 Kilometer mit den Schuhen gelaufen bin, zweifelt er an meiner Theorie. Aber egal, los geht es!

Der Weg ist schöner, es geht auf Trampelpfaden auf und ab. Wir sehen Rehe, Hasen, Katzen, Greifvögel und keine Menschen. Bis auf Ziegen Peter. So haben wir ihn getauft. Mit einem Stock und einem Hund hat er die Ziegen an ein paar Haselnussblättern knabbern lassen. Als ihn unsere neugierigen Fragen zur Ziegenhaltung sichtbar auf die Nerven gehen, pfeifft er einmal und die Ziegen laufen in Reih und Glied hinter ihm her. Wir sind beindruckt. Vor lauter Bewunderung ob dieses Gehorsams verpassen wir den Abzweig und laufen munter in die falsche Richtung. Das ist bei diesem Weg eine Kunst, da der Nibelungensteig wirklich ausserordentlich gut ausgeschildert ist.

Als wir unseren Fehler bemerken, ist die Motivation zurückzulaufen nicht vorhanden. Dank google maps peilen wir die Richtung und laufen querfeldein los. Wär ja gelacht. Im Wald gestaltet sich der direkte Weg dann etwas schwierig. Es geht steil runter und die Büsche werden höher. Aber verglichen mit unseren backcountry Erfahrungen aus Neufundland ist das natürlich ein Klacks, wie wir uns gegenseitig versichern als wir uns mit Mühe durch die Büsche kämpfen. Aber schliesslich erreichen wir wieder einen Pfad und finden tatsächlich den Weg. Toll. Ausbeute: jeder 2 Zecken. Endlich kommt etwas aus dem Rucksack zum Einsatz: die Zeckenzange! Also nicht alles umsonst mitgeschleppt 😉

Mittlerweilen sind die Blasen etwas schmerzhaft geworden, was ich Heiko gegenüber natürlich nicht zugebe, sondern einfach weiterlaufe. Nach 23 Kilometern ist unsere Laufmotivation verpufft. Der Rucksack ist schwer, die Sonne brennt. Zeltplatz suchen – Fehlanzeige. Und ein Bett wäre ja irgendwie auch schön. Und eine Dusche. Nachdem wir uns das eingestanden haben, rufen wir Ferienhäuser an unserem Zielort an. Und wir haben wieder Glück, ein Zimmer ist frei. Die letzten 3 Kilometer verfliegen im Nu und wir kommen bei der Pension „Ferien auf dem Bauernhof“ an. Die Gastgeberin ist superfreundlich und bietet uns an, für uns zu grillen und Salate zu machen. Ein Traum. Ein Bier dazu, perfekt. Das Essen nach so einem Tag schmeckt halt immer am besten und wir geniessen den Abend in vollen Zügen.

Am nächsten Morgen kann ich die Blasen nicht mehr vor Heiko verstecken. Trauriger Rekord: 10 Blasen. Naja, nicht rumheulen, Blasenpflaster drauf und los geht’s. Etappenziel: Bullau, wieder 27 Kilometer und 900 Höhenmeter. Wer hätte gedacht, dass es hier soviel auf und ab geht! Nach einem tollen Frühstück machen wir uns auf den Weg. Wir überschreiten zwei Landesgrenzen, die mit steinsäulen gekennzeichnet sind. Bayern, Badenwürttemberg und Hessen treffen sich am Dreiländerstein. Als gebürtige Bayern mit 13 Jahre langem Wohnsitz in Baden Württemberg und nun einem Wohnsitz in Hessen freuen wir uns über diesen Punkt besonders. Ansonsten ist der Weg mit schönen Aussichten gesäumt und die Pfade wechseln zwischen Wanderwegen und Trampelpfaden ab.

Zu mittag, nach 12 Kilometer gelangen wir nach Hesselbach. In einem schönen Biergarten mache ich Bestandsaufnahme meiner Füsse und komme zu dem Schluss, dass ich nicht weiterlaufen will. Ob man die Schuhe nun wirklich wegschmeissen sollte, oder laufen die sich noch ein? Egal, die Motivation sich zu quälen ist abseits vom Te Araora nicht so gross und so lassen wir die Wanderung bei einem kühlen Bier ausklingen und rufen uns ein Taxi.

Verrückt. Nach über 2600km wandern sind wir nicht mehr in der Lage, 100 Kilometer am Stück zu laufen. Aber wir sind trotzdem rundum zufrieden, war eine schöne Wanderung. Ausser, dass wir natürlich das ganze Gepäck umsonst mitgetragen haben. Aber das ist gutes Training für die nächste Tour.

Mit neuen Schuhen 😉

Morgen laufen wir die neuen Schuhe mal ein wenig ein auf einer weiteren Etappe des Niebelungensteigs. Training für den anstehenden Urlaub. Hier haben wir uns was schönes ausgesucht. Eine Hüttenwanderung in den Tiroler Alpen. Ihr seid gespannt, ob wir eine anspruchsvolle Bergtour bewältigen? Wir auch 😉

Wenn ihr Lust habt, nehme ich Euch auf die Wanderung im nächsten Newsletter mit.

Bis dahin, schaut mal auf der Website vorbei, vielleicht habt ihr ja Lust, das Spendenbarometer von der 0 wegzubewegen. Haiti braucht weiterhin unsere Unterstützung, kann ja nicht sein, dass es Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser gibt!

Hier könnt ihr das Spendenbarometer von der „0“ wegbewegen!

2020-07-11T12:56:14+02:00