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Heiko allein auf Fuerteventura – 140 Kilometer ohne Schatten!

Tag 1

Die Alex ist auf und davon zu ihrem Vorstellungsgespräch und ich bereite alles für die Durchwanderung von Fuerteventura vor. Fühlt sich irgendwie komisch an. Vor allem: Wer schreibt denn jetzt unseren Blog? Bin wohl nur noch ich übrig. Verdammt!

Gegen Mittag komme ich mit der Fähre in Corralejo, dem Startpunkt meiner Wanderung an. Ich lasse es ganz gemütlich angehen und suche mir erstmal ein schönes Restaurant am Hafen. Ein Teller Pasta, Dessert, Kaffee…so verbringe ich die nächsten zwei Stunden bevor ich aufbreche. Es ist heiss, die Sonne brennt erbarmungslos, aber ich bin neugierig auf die Insel und möchte endlich los.

Die Insel sieht auf den ersten Kilometern ähnlich karg und trocken wie Lanzarote aus, aber mit dem Unterschied, das die vorherrschenden Farben nicht schwarz und grau sondern eher rot und braun sind. Nach einigen Stunden und etwa 26 Kilometern erreiche ich La Olivia. Ein kleines Örtchen mit Supermarkt und einer Bar. Ich kann also meine Wasservorräte auffüllen und etwas essen. Mittlerweile ist die Sonne nicht mehr so stark und die Temperatur wird angenehmer, aber die Hitze hat mir so zugesetzt, dass ich es gut sein lasse und mir einen Schlafplatz kurz nach dem Dorf suche. Aus Gewichtsgründen habe ich das Zelt der Alex mitgegeben, übrigens auch den Kocher, also kein Kaffee. Mal sehen.

Ich schlafe schnell ein, wache aber wenige Stunden später wieder auf und kann nicht mehr einschlafen. Trotzdem fühle ich mich richtig frisch und die Temperaturen sind eine Wohltat. Anstatt mich also schlaflos hin und her zu wälzen packe ich lieber meine Sachen und mache mich wieder auf den Weg.

Es ist Mitternacht, der Himmel ist klar und voller Sterne. Wirklich schön. Die hellen Sterne und der breite, einfache Weg ermöglichen es mir sogar ohne Stirnlampe zu laufen. Das macht richtig Spass und die Kilometer fliegen so dahin. Ich sehe zwar nichts, aber irgendwie denke ich mir: Hier riecht es nach Ziege.

Wenig später höre ich lautes Hundegebell und sehe mehrere, grosse Schatten schnell auf mich zu rennen. Ohhhh. Aufgrund der Dunkelheit habe ich keine Ahnung, ob da noch ein Zaun zwischen mir und der Meute ist oder ob die mich gleich zerfleischen. Glaubt mir, das kann einem schon das Herz in die Hose rutschen lassen…

Glücklicherweise gibt es einen Zaun. Der führt direkt am Weg entlang, sodass die Hunde mich noch einige Zeit knurrend und bellend begleiten. Die Höhe des Zauns sieht im Gegensatz zu der Schulterhöhe der Köter viel zu klein aus, aber sie begnügen sich mich von ihrer Seite des Zaunes zu begleiten. Laufen in der Nacht ist eigentlich wirklich angenehm und schön, aber das Thema Hunde begleitet mich noch die ganze Zeit. Sobald sie mich wittern drehen sie völlig durch. Kein Vergleich zu dem bisschen Gebell tagsüber. Wenn die Hunde ausdauernd genug bellen, fangen irgendwann auch die Hähne zu krähen an…. Ich fürchte in den Dörfern, die ich diese Nacht durchquert habe, konnte niemand durchschlafen.

Tag 2

Nachdem es hell wird, frühstücke ich in einem kleinen Cafe am Weg, halte mich aber gar nicht zu lange auf, sondern nütze den bewölkten Vormittag um noch ein wenig weiterzukommen bevor es wieder richtig heiss wird. Als gegen mittag die Sonne anfängt zu brennen, komme ich in Pajara an und suche mir ein gemütliches Restaurant um ein paar Stunden Pause zu machen. Als ich die Landkarte studiere, sehe ich, dass Pajora 74 Kilometer von Corallejo, meinem Startpunkt entfernt ist. Nicht zu schlecht für knappe 24 Stunden. Zu was man fähig ist, wenn man eine Hundemeute auf den Fersen hat! Verrückt!

Nachmittags geht es weiter. Der Weg führt mich in die bergige Mitte Fuerteventuras. Die Berge sind zwar nicht besonders hoch, aber das ständige, teilweise steile auf und ab ist schon anstrengend. Andererseits werde ich mit tollen Ausblicken belohnt. Als die Sonne schon tief steht, erreiche ich eine halboffene Steinhütte, die auf Fuerteventura immer mal wieder am Wegrand stehen. Sieht nach einem guten Plätzchen für die Nacht aus. Ich breite meine Matratze auf dem Tisch aus, der in der Hütte steht. Perfekt! Als ich dann im Schlafsack liege, stellt sich heraus, dass der Platz doch nicht ganz so perfekt ist. Zum ersten Mal auf den Kanaren plagen mich Mücken. Trotz des dauernden Summen der Moskitos schlafe ich irgendwann ein.

Tag 3

Laut Vorhersage kann ich einen wolkenlosen, sonnigen Tag erwarten. Das heisst für mich: 5 Uhr aufstehen und loslaufen, um der Hitze zuvorzukommen. Im Süden der Insel ändert sich die Landschaft nochmal ein wenig. Nicht nur am Meer sondern auch im Landesinneren gibt es plötzlich haufenweise Sand. Teilweise sieht es aus wie in der Sahara und vermutlich kommt der Sand auch genau von dort. Die Sahara ist nicht wirklich weit entfernt und die starken Winde blasen regelmäßig grosse Mengen Wüstensand über das Meer nach Fuerteventura. Man muss nicht erwähnen, das das Wandern über Sanddünen unglaublich anstrengend ist. Ich erreiche ein kleines Surfdorf, das mein Ziel für ein Frühstück und das Auffüllen der Wasservorräte ist. Leider ist es noch so früh, dass alles geschlossen aussieht. Ich lege meinen Rucksack ab und versuche am Cafe ein Schild mit Öffnungszeiten zu finden, als ein Auto heranbraust und mich der Fahrer auf spanisch (mit deutlichem deutschen Akzent) anmotzt, dass das privat wäre. Wie jetzt? Auf meine Frage wann das cafe aufmacht beschimpft er mich weiter auf deutsch. Komisch,  man sollte meinen, ein Auswanderer, der ein Cafe in einem Surferdorf aufmacht ist entspannt und happy. War er aber nicht. Ich versuche, mich nicht zu ärgern, ohne Erfolg. Also kein Frühstück. Der Supermarkt macht erst in zwei Stunden auf. Mmh, nach einem kritischen Blick auf den Wasservorrat -fast leer- und einen Blick auf die Karte -„nur“ 18 Kilometer zum nächsten Dorf- mache ich mich auf. Die Sonne brennt und die 18 Kilometer ziehen sich. Ohne Wasser kämpfe ich mich durch die Sanddünen und beschimpfe im Kopf den unfreundlichen Gastwirt, der mich mein Frühstück „gekostet“ hat.

Gegen Mittag erreiche ich, endlich, nach circa 30 Kilometer seit dem Aufstehen die scheinbar endlos langen Sandstrände im Südosten der Insel. Hier ist es richtig touristisch. Surfschulen, unzählige Strandliegen, Hotels, Bars und natürlich viele, viele Menschen. In einer der Bars mache ich die lang ersehnte, wohlverdiente Pause. Erstmal bestelle ich massen an Getränken und erstaune den Kellner indem ich alles in Kürze austrinke. Puh, war wohl etwas dehydriert!!

Die letzten 10 Kilometer laufe ich am belebten Strand entlang zu dem Hotel, das ich mir gebucht habe. Nach der anstrengenden Lauferei, etwa 140 Kilometern in 2,5 Tagen, gönne ich mir tatsächlich eine all-inklusive Bettenburg. Den ganzen Tag am Pool rumgammeln, essen und trinken. Herrlich. Zumindest nach der Plackerei und für zwei Tage. Kann ich jetzt gut brauchen….!

La Palma – 67 Kilometer, die es in sich haben!

Nach dem erfolgreichen Ausflug treffen wir uns  (endlich) auf La Palma. Wir gönnen uns noch einen Relaxtag an de, wir die Jobzusage und die außerordentliche Laufleistung von Heiko gebührend feiern. Dann geht es aber schon los, „schnell“ La Palma zu durchlaufen. Und ich sage Euch, diese Insel hat es in sich. Nach sovielen Kilometern haben wir gedacht, dass wir das Inselchen locker durchlaufen. Pustekuchen, gekämpft haben wir…!

Aber von vorne. Mit dem Bus fahren wir an unseren Startpunkt Los Canarios. Bei der Planung haben wir schon gesehen, dass über 2500 Höhenmeter vor uns liegen und dass das grösste Problem sein wird, Wasser zu finden. Die erste Möglichkeit Wasser aufzufüllen liegt in Refugio del Pilar, 18 Kilometer vom Startplatz. Dort soll es wohl auch einen Kiosk geben. Perfekt! Also nehmen wir nur einmal Abendessen für den zweiten Abend mit. Den ersten essen wir am Kiosk. super! Das Gewicht, das wir sparen, nehmen wir in Form von Wasser mit. Insgesamt 6,5 Kilogramm plus natürlich die Flüssigkeit in Form von Whisky. Aber, haltet euch fest: keine Schokolade und kein Kocher, das heisst kein Kaffee!! Aber dafür muss man natürlich kein Gas, kein Kocher, kein Topf tragen. Ihr seht, Gewichtsreduktion wird immer wichtiger. Nur der Whisky wird noch nicht aussortiert ?.

Die Dame an der Touristeninformation empfiehlt uns, nicht zu wandern. Es ist zu heiss, alles Wanderwege wären geschlossen. Jaja sagen wir und starten um 10.30 unsere Wanderung. Es ist unglaublich heiss. Wir hatten einen relativ einfachen „nur“ 18-20 Kilometer Tag erwartet, aber wir haben den Aufstieg unterschätzt. Von Beginn an geht es stetig nach oben. Ist eigentlich auch klar, Refugio del Pilar liegt auf 1900 Metern… Erst geht es durch einen schönen Kieferwald, der ein wenig Schatten spendet. Später dann über schwarzes Vulkangestein mit nur noch vereinzelt Bäumen. Trotzdem deutlich schöner als Lanzarote oder Fuerteventura. Durch den Aufstieg hat man auch wundervolle Sicht. Nach ein paar Stunden durch die Hitze werden die Abstände zwischen den Pausen deutlich kürzer. Puh! Das wir beide auch ein wenig erkältet sind macht den Aufstieg nicht einfacher. Wir treffen ein Pärchen aus Holland, dass sich diesen Weg als Tagestour ausgesucht hat. Wir beneiden sie, da sie wenigstens nur! Abstieg zu bewältigen haben. Nach der Hälfte der Höhenmeter pausieren wir erschöpft. Oh Mann, nur 18 Kilometer, das ich nicht lache.

Es fühlt sich an, als ob wir im Leben noch keinen Kilometer gewandert wären. Unser magerer Pausensnack besteht aus je zwei Handvoll Nüssen. Zwei riesige kanarische Raben versuchen uns sogar noch diese streitig zu machen. Die sind mir nicht ganz geheuer mit dem riesen Schnabel und den Krallen. Also weiter geht es. Einen Schritt nach dem anderen. Die Sonne brennt, der Schweiss läuft, der Wasservorrat neigt sich dem Ende. Mist, laut google hat der Kiosk planmässig nur bis 18.30 geöffnet. Unser Ziel war es, mindestens 1Stunde vorher da zu sein, um gemütlich zu essen. Da Heikos Wassersack eh leer ist, entscheiden wir, dass er sein Tempo läuft und ich langsam hinterherwander. So verpassen wir den für uns wichtigen Kiosk nicht. Gerade nachdem Heiko von dannen gezogen ist, wird der Weg tatsächlich ein wenig einfacher. Gott sei Dank. 20 Minuten nach Heiko erreiche ich Refugio del Pilar, einen großen Picknickplatz. Anstelle Heiko freudestrahlend hinter einem grossen Wasser und einem Bier + Burger sitzen zu sehen, steht er plaudernd neben drei Leuten. Ohje, was ist da los? Niemand sonst ist da. Der Kiosk ist geschlossen. Ob das was mit den gesperrten Wanderwegen zu tun hat?

Waaaaaas?? Wenigstens Wasser gibt es. Das grosse „kein Trinkwasser“ Schild ignorieren wir natürlich. Wir filtern das Wasser, wird schon gut sein. Und, eine Alternative haben wir eh nicht. Die drei mit denen Heiko plaudert ist eine Schweizerin, die den gleichen Weg nur in die andere Richtung geht, und die zwei Holländer, die uns entgegen gekommen waren. Sie hatten ihr Auto hier und sind mit dem Taxi wieder hoch gefahren. Alle drei sind supernett und durchforsten ihre Rucksäcke nach übrigen Lebensmitteln als sie von unserem Kiosk-geschlossen-also-kein-Abendessen-Debakel erfahren. Fisch plus Brot plus Ei, was für ein Festessen für uns! Wir freuen uns, ein Dank an diese lieben Menschen. Selten hat ein Abendessen so gut geschmeckt! Gestärkt laufen wir in der Abenddämmerung bei angenehmen Temperaturen noch 4 Kilometer weiter. Das erste Mal bauen wir, nach 22 Kilometern, mit Stirnlampen in vollkommener Dunkelheit das Zelt auf. Ein Absacker und dann, völlig erschöpft, gute Nacht!

Die Nacht war ruhig, aber wurde durch den Wecker um 5 Uhr jäh beendet. Die Hitze vom Vortag hat uns dazu bewogen, den Wander – Rhythmus zu verändern. Eine Nachricht einer lieben Freundin bestätigt unseren Entschluss. Auf den kanarischen Inseln ist eine ungewöhnliche Hitze von 34 Grad Celsius, vor allem in den Höhenlagen. Verursacht durch den „Calima“, einem heissen Wind aus der Sahara. Yep, das haben wir gemerkt. Das Frühstück besteht aus einer Banana, dem letzten Geschenk der Holländer. EINE Banane. „Gestärkt“ laufen wir mit Stirnlampen in absoluter Dunkelheit los. Die Temperaturen sind angenehm, worüber wir froh sind, geht es doch erstmal wieder 500 Höhenmeter auf 2400 Höhenmetern nach oben. Während wir aufsteigen beginnt die Dämmerung und dann ein traumhafter Sonnenaufgang um circa 8 Uhr. Den genießen wir mit einem Riegel-Frühstück. Kurze Zeit später erfreuen wir uns nicht mehr so an der Sonne, die schnell alles aufheizt. Landschaftlich ist es wunderschön, mit Blick von der Bergkette ins Tal. Toll. Um halb elf wird es aber zu heiss, also entschließen wir uns zu einer Siesta unter einer schönen Kiefer. Nochmal toll! Es ist ein windiges Plätzchen, so lässt es such aushalten! Nur Hunger haben wir! Ein paar Nüsse und die letzten Gummibärchen müssen reichen. Nach zwei Stunden nehmen wir den Rest des Tages in Angriff. Die Sternwarten sind unser Ziel. Da wir einen Bogen laufen, immer am Grat entlang sehen wir sie schon, aber, ich sag euch, da liegen viele, viele Höhenmeter dazwischen.

Es ist brutal, 200 Höhenmeter rauf, 200 runter. Rauf, runter, rauf, runter. Schier endlos ziehen sich die 24 Kilometer bis zu den Sternwarten. Wir leiden. Wir fluchen. Wir kämpfen. Aber dann um 18 Uhr erreichen wir die erste der zahlreichen Sternwarten. Zeit für unser karges Abendmahl. Thunfisch mit Crackern (eigentlich esse ich ungern Fisch) und Lagebesprechung. Eines ist klar, viel weiter gehen wir nicht. Wir entschließen bis zur nächsten Sternwarte zu gehen, dort ist eine Wasserstelle, um danach schnellstmöglich einen Zeltplatz zu suchen. Gesagt, getan. Endlich erreichen wir den Brunnen, der wieder mit einem grossen „nicht Trinken“ Schild ausgestattet ist, und füllen fröhlich auf. Heiko erspäht ein flaches Plätzchen, leider noch in Sichtweite des Parkplatzes des Aussichtspunkts. Habe ich erwähnt das wild campen auf den Kanaren verboten ist? Egal, hier bleiben wir. Ungeduldig warten wir die Dämmerung und den Sonnenuntergang ab, um endlich das Zelt aufbauen zu können. Eine dreier Gruppe Touristen ist hartnäckig, sind wohl für den Sonnenuntergang hergekommen. Aber selbst als diese untergegangen ist, laufen die noch am Aussichtspunkt rum. Mittlerweile ist uns das aber egal und wir bauen unser Zelt auf, erfreuen uns daran uns hinzulegen und stossen auf die geschafften Strapazen an! Schön, wenn der Schmerz nachlässt!

Die Nacht ist dank starken Windes eher unruhig. Wir sind fast froh als es Zeit ist, aufzubrechen, um noch vor der Dämmerung das Zelt abzubauen. Alles ist von einer feinen Staubschicht bedeckt. Nicht wirklich fit, sicherlich auch der Erkältung geschuldet, machen wir uns an den 19 Kilometer Abstieg. Die ersten Kilometer gehen dank angenehmer Temperatur zügig. Der schöne Sonnenaufgang entschädigt für die eher unruhige Nacht. Wir wandern durch schöne Kieferwäldchen hinab. Aber auch der Abstieg hat es in sich, vor allem sobald die Sonne wieder brennt. Wir verlassen das Wäldchen und steigen ohne Schatten weiter hinab. Das Knie macht keine Probleme, Gott sei Dank! Um halb eins erreichen wir unser Ziel. Wir kehren ein und machen uns über die bestellten Leckereien her. Zusammen mit einem kühlen Bier ist das -ehrlich- das beste Mahl! Mit dem Bus fahren wir zurück nach Santa Cruz und buchen uns in das gleiche Hotel ein. Abends essen wir die beste Pasta, ever??! Erstmal erholen um dann genug Motivation für die nächste Insel aufzubringen. La Palma hat sich gewehrt, aber wir haben es geschafft!

La Gomera – 40 Kilometer, endlich wieder Wald!

Wir gönnen uns eine Ruhetag auf La Palma. Den haben wir auch bitter nötig. Erkältung und Muskelkater auskurieren. Ja, richtig gelesen, Muskelkater. Als ob wir noch nie vorher gewandert wären. Meine Motivation eine weitere Insel zu durchlaufen nach diesem Debakel ist gleich null, aber für Heiko ist aufgeben keine Option. Pfff! Also machen wir uns tags drauf mit Der Fähre auf nach La Gomera. Dann mit dem Bus nach Vallehermosa, dem Startpunkt des GR131. Von hier geht es 40 Kilometer zurück nach San Sebastian. Noch mit la Palma in den Knochen sieht unsere Planung vor wenige Kilometer pro Tag zu machen und ganz gemütlich nach 2 Tagen anzukommen.

Landschaftlich sieht es auf der Busfahrt genauso aus wie La Palma. Viele Berge, Bananenbäume, Sand. Ohje. Nach einem Mittagessen starten wir um 13 Uhr den Aufstieg. Diesmal „nur“ 1000 Höhenmeter. Immerhin. Es ist leicht bewölkt und überraschenderweise läuft es gut. Erst geht es wie gewohnt ohne viel Schatten nach oben. Aber mit deutlich mehr Obstbäumen am Wegesrand. Aber es läuft wunderbar und die Höhenmeter erklimmen wir problemlos. Ab circa der Hälfte treten wir in den Wald ein. Ja, richtig: Wald. Feuchter, bemooster Lorbeerwald. Unglaublich, es ist wie in einer anderen Welt. Eben noch karg und trocken, nun tropft es von den bemoosten Bäumen. Ohne Witz!

Es ist wunderbares Klima, tolle Luft und wir erreichen den als Ziel auserkorenen Picknickplatz bereits um kurz nach vier. Wie, schon fertig für heute? Irgendwie sind wir beide noch gar nicht bereit, aufzuhören, entscheiden uns aber trotzdem unserem Plan zu folgen. Hier gibt es ein paar Picknickbänke, auf denen wir es uns gemütlich machen bis wir später in der Nähe das Zelt aufstellen. Easy! Die Nacht ist ruhig und wir schlafen ganz wunderbar.

Morgens gehen wir schnell die 2,5 Kilometer zum nächsten Dorf, trinken einen Frühstückskaffee und füllen unsere Wasservorräte auf. Ein ausgewanderter Deutscher erzählt uns, dass La Gomera 1023 Schluchten hat. Na hoffentlich müssen wir da nicht überall durch! Der Morgen und der Vormittag stehen ganz im Zeichen dieser Schluchten. Runter-ein kleines Dörfchen- wieder rauf. Der tolle Wald verblasst in unserer Erinnerung und die Sonne brennt. Wir kommen an einen Aussichtspunkt mit Kirche. Im Schatten verbringen wir die nächste Stunde um der grössten Hitze zu entgehen. Danach schlängelt sich der Weg wieder hoch und runter und führt dann -endlich- wieder durch einen Wald. Nicht so schön feucht wie der gestrige, aber wir wollen uns mal nicht beschweren! Weiter geht es bis wir nachmittags eine in der Karte verzeichnete Wasserquelle erreichen. Wieder warnt ein „kein Trinkwasser Schild“ und wieder ignorieren wir es. Die eingezeichnete Hütte gibt es leider nicht, dafür ist es ein riesiger Picknickplatz. Bis San Sebastian sind es noch 12 Kilometer bergab. Die 1000 Höhenmeter müssen wir ja wieder runter. Da wir nicht glauben im Abstieg einen Platz finden zu können, suchen wir uns in der Nähe des Picknickplatzes einen. Nicht ideal, aber soviele Leute haben wir hier eh noch nicht gesehen. Wir teile. Unser karges Thunfisch Mahl mit einem offensichtlich trächtigem Kätzchen. Dieses ist nach dem fettigen Mahl komplett am Ende und leistet uns schlafend Gesellschaft.

Nach einer erholsamen Nacht stehen wir früh auf, um rechtzeitig die Mittagsfähre nach Teneriffa zu erreichen. Mit Stirnlampe machen wir uns an den Abstieg. Der Sonnenaufgang der den Teide auf der nahegelegenen Insel Teneriffa beleuchtet ist wunderschön. Locker erreichen wir San Sebastian, Zeit für ein Frühstück. Mit dieser Inselüberquerung haben wir die versprochenen 1600 Meilen geschafft! Wow! Wir sind schon ein bisschen stolz auf das Erreichte. Wie zur Belohnung erreicht uns die Nachricht, dass der von meinem Rotary Club eingereichte Förderungsantrag genehmigt wurde. 5000€ für unser Projekt! Toll!

Teneriffa- die Besteigung des Teides (3718 M.ü.M) oder – wirklich frühes Aufstehen!

Mit Erreichen des selbst gesteckten Meilenziels und dem Näherrücken der Heimkehr hat unsere Wandermotivation doch tatsächlich nachgelassen. Die kanarischen Inseln sind zwar im Ganzen unterschiedlich, sie wiederholen sich aber landschaftlich wenn man ein paar durchlaufen ist. El Hierro soll La Palma und La Gomera stark ähneln. Die Anfahrt ist teuer und langwierig, und am Ende hat man dann nur schlappe 40 Wanderkilometer. Wir entscheiden uns, diese Insel wegzulassen. Teneriffa ist geprägt vom Teide, einem 3718 Meter hohem Vulkan. Da biete sich doch an, diesen zu besteigen anstatt die Insel zu durchlaufen. Gebongt!

Eine Internetrecherche zeigt uns, dass man die letzten 200 Höhenmeter nur mit Genehmigung besteigen kann. Mist, die Genehmigungen sind auf 2 Monate ausgebucht. Alternativ kann man vor dem Gipfel auch eine Nacht auf einer Berghütte übernachten. Dann darf man, ohne extra Genehmigung vor 9 Uhr auch die letzten Höhenmeter besteigen. Klar ist die Hütte auch ausgebucht. Der Kontrollpunkt ist also anscheinend erst ab 9 Uhr besetzt. Mmhhh, grins, da haben wir ja unser Schlupfloch! Wir freuen uns und gratulieren unseren Scharfsinn…

Als dann aber der Wecker um 3.00 klingelt klingt die Idee aber plötzlich gar nicht mehr so gut. Echt jetzt? Gähhhhn. Nach einer Stunde kurviger Anfahrt inder die ersten 2300 Höhenmeter wenig anstrengend mit dem Auto erklommen werden kommen wir am Parkplatz an. Voll. Was? Entweder es gibt mehrere Verrückte oder das sind alles Hüttenübernachter. Wahrscheinlich letzteres, da wir niemanden sehen. Einen knappen Kilometer später finden wir ein Plätzchen. Erstmal den mitgebrachten Kaffee und ein Brötchen verzehren! Während Heiko hektisch nach den Brötchen sucht und mich mit einem „Hast due die Brötchen eingepackt“ schier in Verzweiflung stürzt,  giesse ich die halbe Kanne Kaffee über mich und den Autositz. Mist! Blöder Thermoskannendeckel! Sitz nass, Hose nass, Kaffee fast leer. Toll. Kann ja nur besser werden. Heiko findet die Brötchen und wir trinken unsere halbe Tasse Kaffee dazu.

Um 4.30 Uhr starten wir den Aufstieg. Es ist bitterkalt, google spricht von -5 Grad. Brrrr. Man merkt die Höhe bereits beim atmen und so machen wir uns langsam an den Aufstieg. Es ist eine sternenklare Nacht. Der (Halb)Mond scheint so hell, dass wir ohne Stirnlampen laufen. Wir werfen sogar Schatten, verrückt! Die ersten 4 Kilometer ist der Weg sehr einfach, später wird es steiler. Die 1400 Höhenmeter müssen schliesslich auch bezwungen werden. Ausser unseren Schritten auf dem sandigen Boden ist es absolut still. Die Welt scheint in weite Ferne gerückt. Es ist sehr friedlich. Wir geniessen diese Atmosphäre sehr.

Nach 2.45 Stunden erreichen wir die Hütte, gerade zu dem Moment als der Himmel sich langsam anfängt rötlich zu verfärben.

Weiter geht es, es dämmert und wir erleben einen gigantischen Sonnenaufgang. Kurz darauf erreichen wir den leicht schwefelig riechenden Krater. Eine Wahnsinns Aussicht! Zeit für ein zweites Frühstück eh wir zur Bergbahn absteigen. Nur 11 Minuten braucht die Bahn nach unten, verrückt. Wir ergattern eine Mitfahrt zu unserem Auto bei drei Spaniern. Perfekt, wer will den auch laufen…

Gran Canaria – eigentlich 90 Kilometer, aber… bei Kilometer 35 endet unsere Wanderei!

Nach der Pause starten wir erfrischt mit der letzten Insel von Agaete, Gran Canaria. Wir freuen uns  wieder auf die Bewegung und die Insel. Wer konnte ahnen, dass wir tatsächlich abbrechen müssen…

Als wir das Hotel verlassen, fängt es an zu regnen und Donner grollt. Prima… „When thunder roars, stay indoors“, hat uns unsere liebe Neufundland Freundin Joy mit auf den Weg gegeben. Trotz der Warnung stoppen wir nur kurz, um uns und unsere Rucksäcke wasserfest zu machen und gehen dann weiter. Der Weggeht bereits im Dorf steil nach oben. Kein Wunder, 1700 Höhenmeter liegen heute vor uns. Wieder mal. Der Regen hört auf, es bleibt aber bewölkt, nicht zu heiss, kurz, gutes Wanderklima! Plötzlich wird der Weg breiter und es geht leicht bergab. Ui toll, da läuft es! Ein wenig wundern wir uns, Heiko dachte, wir müssen eher links an einem Berg vorbei. Ein Blick aufs GPS zeigt uns, dass wir ungefähr auf dem Weg sind. Na, so genau ist das manchmal eh nicht. Beschwingt laufen wir circa 2 Kilometer bis wir an eine Steinruine kommen an der der Weg endet. ?!? Oh nein. Nach über 2500 Kilometern ist es wieder passiert. Verlaufen… Hilft nichts, zurück. Der Weg zurück zieht sich, ist es nun auch ein stetiges bergauf. Mit einem letzten Stück querfeldein erreichen wir schliesslich den Weg. Nun geht es wieder steil bergauf.

Insgesamt ist die Beschilderung hier auf Gran Canaria am schlechtesten. Der GR131 führt auch nicht offiziell durch die Insel, es ist eher eine Zusammenstückelung von Wanderwegen. Wir kommen auf 1300 Höhenmeter und erreichen damit eine Art Plateau. Die restlichen 400 Höhenmeter gehen dann weniger steil. Die Aussicht ist grandios! Wir zelebrieren diese mit einer Pause. Die (neuen) Schuhe bereiten Probleme. Mehrere Blasen haben sich gebildet. Nachdem ich die ersten 2000 Kilometer überhaupt keine hatte, nervt mich der Umstand sehr. Meine Füsse denken wohl, dass es jetzt genug ist…

Neben der tollen Aussicht ins Tal sieht man nun auch die Auswirkungen des grossen Feuers, dass hier in diesem Jahr gewütet hat. Der Boden ist geschwärzt, die Baumstämme partiell oder ganz verkohlt. Die Kiefernadeln sind dank der grossen Hitze bereits vorzeitig orange geworden. Es riecht sogar noch nach Rauch. Einerseits trostlos, andererseits sieht man bereits, wie sich die Natur zurückkämpft. Die unterschiedlichen Färbungen sind unglaublich schön! Wir geniessen tolle Ausblicke auf dem weiteren Weg. Die Sonne kommt raus, es klart auf, sodass man bis nach Teneriffa und den Teide blicken kann. Toll! Auch der Blick der anderen Seite auf die Bergkette Gran Canarias lässt uns den anstrengenden Aufstieg vergessen. Beschwingt durch de Schönheit überspringen wir unser eigentliches Ziel und planen bis nach Artenara zu laufen, dem am höchsten gelegenen Bergdorf der Insel. Hier können wir dann Vorräte und Wasser auffüllen, ein richtiges Abendessen geniessen und, wenn wir Glück haben sogar übernachten!

Als wir ankommen, sind wir wirklich erledigt. 1700 Höhenmeter und 25 Kilometer ist doch ein richtiger Wandertag. Die Füsse und vor allem die Blasen schmerzen und wir freuen uns auf ein Bier.

Laut Internet ist sogar ein Zimmer frei. Wir laufen dorthin, aber leider ist alles verschlossen. Eine Gruppe Spanier, die daneben einen Aperitif geniessen, versorgen uns mit einer Telefonnummer der Besitzerin. Sehr gut. Leider geht nur die Mailbox ran, Mist. Einer der Spanier frägt uns aus, schüttelt verwundert den Kopf dass wir von Agatea gelaufen sind, frägt mehrmals nach, ob wir mit dem Bus gefahren seien und berichtet seinen Freunden dann aufgeregt auf spanisch. Während wir erschöpft auf den angebotenen Stühlen sitzen, ruft er mehrere Freunde an, um uns eine Unterkunft zu besorgen. Nett. Leider ohne Erfolg. Wir beschliessen, einzukaufen, zu Abend zu essen und dann aus dem Städtchen zu laufen um das Zelt aufzustellen.

Mit einem Bier und einem köstlichem kanarischen Eintopf im Bauch geht es uns auch schon wieder gut trotz Erschöpfung. Wir erhalten eine SMS von der Hotelbesitzerin, dass wir ein Zimmer haben können. Wunderbar! Freudig geniessen wir die Dusche und das Bett!

Erholt sind wir am nächsten Morgen bereit für die nächste Etappe. So bereit wie man mit schmerzenden, teilweise offenen Blasen sein kann. Naja, ein paar Blasenpflaster drauf, wird schon gehen. Wieder geht es nach iben und dann wunderschön immer am Grat entlang. Toll! Wenn nur die Füsse nicht so schmerzen würden! Um ca. elf erreichen eir Cruz de Teneda, ein Aussichtspunkt mit Restaurant. Kaffee trinken und Füsse checken. Ohha. Die Blasenpflaster haben nicht gehalten, eine der Blasen hat sich von der Grösse verdoppelt, sodass sich eine circa 50 Cent gross runde, offen, bereits entzündete Stelle gebildet hat. Mist. Abgesehen vom Schmerz, den man schon ignorieren könnte, ist es wahrlich nicht klug eine eitrige Entzündung zu ignorieren. Die Vernunft siegt über Ehrgeiz. Abbruch. Schweren Herzens entscheiden wir uns, es damit gut sein zu lassen und mit dem Bus in ein Hotel zu fahren.

Das abrupte Ende kann unsere Laune aber nicht trüben. Schliesslich hatten wir eine traumhafte Zeit die letzten 10 Monate. Strapazen und Erfolge, Hindernisse, die wir gemeinsam überwunden haben, Lachen, gigantische Aussichten, unglaubliche Naturspektakel, neue Freundschaften, tolle Begegnungen, unglaublich freundliche Menschen, Spass und trotz 24/7 keine Minute in der ich mir eine andere Begleitung gewünscht hätte. Es war ein grossartiges Jahr!

Das wir daneben dank eurer Unterstützung auch noch bereits knapp 600 Menschen auf Haiti unterstützen konnten, rundet dieses perfekte Jahr ab. Zum dritten Brunnen fehlen uns noch circa 3000€. Vielleicht schaffen wir es ja, mit diesem letzten Blog die fehlende Summe zusammenzubringen? (Dann gibt es selbstverständlich eine Blog-Zugabe mit allen Details zum dritten Brunnen!)

Insgesamt sind bislang über 38.000€ zusammengekommen, eine, wie wir finden unglaubliche Summe. Danke an euch für eure Spenden, danke an all die Firmen, die uns unterstützt haben, danke an all die rotarischen Freunde und Clubs die uns motiviert und unterstützt haben, vor allem natürlich meinem Rotary Club Stuttgart Wildpark. Ein besonderes Dankeschön an all die lieben Menschen, die uns durch ihre Emails, Chats, Anrufe weiter motiviert haben. Es war so schön zu sehen, dass unsere Berichte gelesen wurden, dass ihr mitgelitten, euch mitgefreut habt! Danke fürs dabeibleiben!

In diesem Sinne, herzliche, sonnige Grüße von Gran Canaria.

Eure (nicht mehr wandernden sondern faulenzenden)

Alex und Heiko

2019-10-30T17:40:37+01:00