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Die Überquerung von Lanzarote, 70 Km durch die kanarische Hitze!

Tag 1, 18km

Nach dem schweren Abschied von Neufundland und unseren neuen Freunden gönnen wir uns erstmal eine Woche eine schöne Finca auf Lanzarote. Ist eh noch zu heiss zum wandern, wir hoffen darauf, dass es ein wenig kühler wird.

Nach einer Woche absolutem Nichtstun sind wir also wieder bereit, das letzte unserer Ziele anzugehen: die Durchquerung der kanarischen Inseln, insgesamt über 500 Kilometer. Naja, so bereit wie man nach einer Woche in der die grösste Anstrengung darin bestand von einem Leseplatz zum nächsten zu wandern, sein kann. Der innere Schweinehund rät uns dazu den Urlaub zu verlängern. Aber, es liegen ja noch ein paar Kilometer vor uns, die laufen sich ja nicht von alleine! So motivieren wir uns bis wir, wie geplant mittags die Finca verlassen. Übrigens eine wunderschöne Fince mit klasse Vermieter in der Nähe von Arrieta. Absolut empfehlenswert!

Wir fahren mit dem Bus nach Orzola, dem nördlichsten Punkt der Insel. Trotz weniger Schokolade (zu heiss) sind die Rucksäcke gefühlt zu schwer. Ok, natürlich haben wir wieder unseren „gute Nacht Trunk“ dabei, den könnte man strenggenommen einsparen. Aber ansonsten haben wir wieder mehr zurückgelassen (unser Vermieter verwahrt dankenswerter Weise einen Rucksack für uns). Neben zuviel Essen müssen wir aber diesmal auch deutlich mehr Wasser mit uns herumtragen. Anders als bei allen anderen Wanderungen können wir uns nicht auf Flüsse oder Seen verlassen, sondern müssen die Wasservorräte in am Wege liegenden Dörfern auffüllen. Wasser ist hier Luxus.

Wir verlassen das Örtchen auf dem sehr gut markiertem Wanderweg. Wie erwartet ist es ein Kiesweg, meist relativ breit. Also sehr einfach zu laufen. Die ganze Umgebung erinnert an Star Wars: Karge Mondlandschaft. Dunkler, teilweise schwarzer Vulkangestein. Unerwartet ist das Auf- und Ab. Irgendwie dachten wir, die Insel ist flach. Beim ersten nennenswerten Anstieg kreuzen wir die Hauptstrasse auf der wir eine Gruppe Radfahrer treffen. Eine sehr nette Touristengruppe aus Kanada. Mit einem netten Plausch zögern wir den weiteren Aufstieg heraus.

Die Sonne brennt herunter, es ist eigentlich zu heiss zum wandern. Wir treffen auch – während der ganzen Lanzarote Durchquerung keinen einzigen anderen Wanderer. Soviele Verrückte gibt es wohl nicht hier. Nach einer weiteren Stunde treffen wir unsere kanadischen Radfreunde wieder. ?!?! Wie ist das denn gegangen? Während wir relativ gerade nach Süden laufen, macht die Strasse einen großen Bogen, sodass sie uns nun entgegenkommen, obwohl wir das gleiche Ziel haben.  Den Gesichtern sieht man an, dass das ein wenig frustrierend für sie ist, von Wanderern überholt zu werden…;)

Ein weiterer steiler Anstieg kostet uns danach volle Konzentration. Puh, wir sind wohl etwas unfit geworden. Langsam erreichen wir das Plateau und können dann entspannt leicht bergab gehen. Zeit einen Schlafplatz für die Nacht zu suchen. Da wildcampen hier offiziell verboten ist, gilt es, zusätzlich zu den Kriterien flach und schön noch ein verstecktes Plätzchen zu finden. Leichter gesagt, als getan. Plötzlich ist es nämlich doch flach hier, bzw. Leicht abfallend bis zum nächsten Ort…

Also bleiben wir bei unseren Kriterien flach und schön und entscheiden uns, an einem traumhaftem Aussichtspunkt zu bleiben. Das Zelt können wir natürlich noch nicht aufstellen, noch sieht man immer wieder Touristen, die extra hier herfahren, um die Aussicht zu bewundern. Wir machen es uns gemütlich und geniessen ebenfalls die Aussicht. Die Sonne wird schwächer, Wind zieht auf. Brr, ist plötzlich kalt! Unsere warmen Jacken haben wir beim Finca Vermieter gelassen, ob das so schlau war? Es wäre schön, jetzt im Zelt zu verschwinden, aber leider kommen nach den „Aussichtstouristen“ nun die nach Romantik suchenden Pärchen. Gemeinsam mit diesen bewundern wir den bizarren Sonnenuntergang, der durch die vorbeitreibenden Wolken eine wundervolle Stimmung verbreitet. Die Pärchen verziehen sich, nun gilt es nur noch einen Jäger auszusitzen, der mit seinen Hunden Jagd auf Kanninchen macht. Wie wir erfahren, ist das zweimal die Woche erlaubt. Wie lange jagt man denn blos? Ah, kurz vor kompletter Dunkelheit verfrachtet der Jäger seine Hunde im Auto und fährt weg. Juhu, schnell Zelt aufbauen und das Abendessen windgeschützt geniessen!

Leider lässt der Wind die ganze Nacht nicht nach, sodass wir beide fast kein Auge zutun.

Tag 2, 33 Kilometer

Etwas übermüdet begrüssen wir den neuen Tag. Es ist immer noch windig und recht nebelig. Super! Gutes Wanderklima! Aufgrund des Windes habe ich Bedenken, ob ich meinen Morgenkaffee bekomme, aber Heiko findet ein Loch, um den Kaffee zu kochen. Tag gerettet!

Wir laufen zu perfekten Temperaturen bei bewölktem Himmel los. So ist das gut! Wir kommen gut voran. Landschaftlich ist es genauso karg wie am Tag zuvor. Nicht unsere üblichen tollen Aussichten. Anscheinend ist Fuerte ventura ähnlich, das durchzuziehen ist eher eine mentale Anstrengung.

Ab 11 Uhr hat sich der Himmel geklärt, die Sonne brennt herunter. Ich nehme die Aussage von eben zurück. Dank der Hitze ist das Wandern auch eine physische Herausforderung! Bis mittag halten wir duch, dann erreichen wir San Bartolome. Hier suchen wir uns ein kleines Restaurant um die Mittagshitze auszusitzen.

2,5h später machen wir uns gestärkt wieder auf den Weg. Insgesamt 500 Höhenmeter verteilt auf zwei Anstiege geht es nach oben. Da heisst es kämpfen, weniger wegen der Höhenmeter, sondern wegen der unbarmherzigen Sonne, die auf uns niederscheint. Beim letzten Dorf vor unserem selbstgestecktem Etappenziel wollen wir uns noch eine Eiskaffee Pause gönnen. Die Aussicht darauf lässt uns weiterlaufen. Pustekuchen! Das Örtchen ist zu klein, hier gibt es weder Cafe noch Supermarkt. Muss also ohne gehen. Die Karte zeigt uns eine grüne Fläche vor dem nächsten Ort. Super, da finden wir sicher ein Plätzchen. Kaum denken wir es, schon stehen wir im Weinanbaugeiet. Das ist hier ziemlich aufwendig. Jede Pflanze ist in einer Lavasteinkuhle mit einem Mäuerchen als Windschutz. Ohje, hier wird es schwierig. Aber, wo ein Wille (oder ein Zwang), ist ein Platz. Am Ende des Gebietes kommen wir zu einem offensichtlich brachliegenden Feld. Hier, hinter einem künstlichen Hügel bleiben wir. Nicht schön, aber wir sehen keine Alternative als 10 Kilometer weiter zu laufen. Wir entschliessen, ohne Zelt zu übernachten, so sind wir nicht so leicht zu entdecken. Erstmal relaxen und Abendessen bis es dunkel wird!

Tag 3, 19 Kilometer

Exkurs zum Bewässerungssystem des Weinanbaus in Lanzarote: Der schwarze Lavastein speichert die Hitze des Tages. Dank der Abkühlung in der Nacht kondensiert es stark. Der eingepflanzte Wein zieht hieraus sein Wasser. Klingt logisch. Was passiert also wenn man ohne Zelt in einer Weinkuhle liegt? Richtig! Man wird nass. Klitschnass.

Morgens packen wir rasch zusammen und laufen – unentdeckt, aber nass – los. Ohne Kaffee wohlgemerkt. Das naheliegende Dorf hat noch alle Läden geschlossen, so begnügen wir uns mit einem Kaffee an der Tankstelle. Kann ja nur besser werden.

Dann geht es, über öde Lavagestein Landschaft Richtung Paya Blanca, dem südlichsten Ort von Lanzarote. Bevor wir den aber erreichen, müssen wir bei sengender Hitze noch das eine oder andere Gesteinsfeld überqueren. Das Gestein reflektiert die Hitze, sodass man sich wie ein Hähnchen im Backofen bei Ober- und Unterhitze fühlt. Ehrlich gesagt, wenig Spass, da die Landschaft auch nicht entschädigt.

Aber mittags erreichen wir das Städtchen und stossen mit einem kühlen Bier auf die Durchquerung von Lanzarote per pede an. Prost!

Unser Plan ist, direkt die Fähre nach Fuerteventura zu nehmen und dann von dort weiterzulaufen. Aber das werden wir nicht tun. Warum nicht? Über einen Headhunter wurde mir ein Job vorgestellt, der mich sehr interessiert. Die Firma lädt zum Vorstellungsgespräch ein. Das Angebot ist zu gut, als dass ich das ausschlage. Also entscheiden wir, uns auf Lanzarate ein Hotel zu suchen, dann den Heimflug zu fixieren und einen neuen Plan zu machen.

Nach einigen Telefonate, Email Gesprächen und Internetrecherche steht der neue Plan fest: Ich fliege auf Stippvisite heim, Heiko durchläuft währenddessen Fuerteventura. Danach treffen wir uns auf der Insel La Palma wieder. Gesagt getan.

Heiko gibt Gas und knackt an einem Tag die 50 Kilometer Marke, das als kleiner Ausblick zum nächsten Blog…. Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich noch in Deutschland, habe die Zusage auf den Job in der Tasche und bin aufgeregt und froh morgen auf die kanarischen Inseln zu Heiko zurückzukehren!

Der nächste und letzte Blog wird nach unserer Rückkehr veröffentlicht. Dort könnt ihr über die letzten Abenteuer dieses gigantischens Jahres beim durchlaufen der restlichen fünf Inseln lesen. Gleichzeitig werden wir versuchen, die restlichen 10.000€ zu ersammeln, wir hoffen dabei fest auf die Zusage einer Rotary Förderung, die mein Club Stuttgart Wildpark beantragt hat. Drückt die Daumen und helft uns helfen!

2019-09-29T13:27:50+02:00