Die „Richmond Ranges“, ein Unfall und das Ende des Trails mit happy End!

Tag 63

St. Arnaud – Red Hills Hut

Strecke: 16km

Schlafplatz: Hütte

Fast komplett erholt planen wir unseren Einstieg in die sagenumwobene Richmond Ranges. Wir haben gehört, es wäre die anstrengendste, aber auch die schönste Etappe des gesamten Trails. Wir sind gespannt! Schonmal vorab, im Nachhinein sprechen wir auch von dem „Richmond – Fluch“! Auf dieser Etappe kam wirklich alles zusammen, das unsere volle Disziplin erforderte, um nicht abzubrechen. Aber von vorne:

„Fast komplett“ erholt, da Heiko sich am Ankunftstag wohl eine Lebensmittelvergiftung geholt hatte und somit am darauffolgenden Tag komplett ausser Gefecht war. Komplett heisst: Kein Essen, kein Trinken, nur Schlafen und hoffen, dass die Übelkeit vorbeigeht. Im Café – das wir für den Übeltäter halten waren wir gemeinsam mit Ant und Shona, unseren Hüttenbekanntschaften. Shona hat uns danach kontaktiert, auch Ant lag den ganzen Tag flach, unfähig irgendwelche Nahrung zu sich zu nehmen. Ist wohl eine männermordernde Lebensmittelvergiftung, da Shona und ich beide wohlauf waren.

Während ich den Blog geschrieben habe, lag Heiko also leidend flach, wurde selbstverständlich mit Teeinfusionen und liebevoller Pflege versorgt. Nach einem Tag Erholung, ging es ihm besser und so starten wir, wie geplant, wieder in den Trail. Das Wetter ist ambivalent, wie meine Stimmung. Während des Aufstieges führe ich einen inneren Monolog:

– Es ist dicht bewölkt, aber es regnet nicht

–  Kein Sonnenstrahl zu sehen, aber dafür auch nicht zu heiss

– Der Rucksack ist viel zu schwer, aber dafür haben wir viele leckere Sachen dabei.

– Der Weg geht stetig nach oben, aber nicht zu steil.

–  Ich habe Hunger, aber… neee, da fällt mir nichts positives dazu ein. Also machen wir eine Pause. Verdient, nach 7km an der Strasse und anschliessendem 1,5 stündigen Aufstieg. Nach der Pause biegt der Weg ab in ein verwunschenes Wäldchen. Die mühsam erklommenen Höhenmeter geht es hier wieder – zum Teil steil – nach unten. Der Track ist gleichzeitig ein Mountainbike Trail. Mit den steilen, rutschigen (Heikos frischgewaschene Hose wird mit wunderbarem Lehmmuster am Hosenboden verziert) Passagen ist mir das ein Rätsel, wie man hier herunterfahren kann. Das ist ja genauso verrückt wie seinen Job aufzugeben und ein Jahr durch die Welt zu reisen/laufen, und sicher sehr viel gefährlicher. Und das heisst schon etwas! @Matti&Katja: Sowas seid ihr hinuntergefahren?!? Respekt! Oder: Ihr seid irre!!

Abgesehen von den steilen Passagen ist der Wald sehr schön. Das Gewicht der Rucksäcke ist aber sehr unangenehm. Wir haben essen für 8 Tage dabei und Snacks und Schokoloade für genauso viele Tage. Nicht TA-Läufer würden wahrscheinlich sagen, das Essen sollte für mindestens 15 Tage reichen, aber unser Verbrauch ist nun tatsächlich deutlich höher als je zuvor. Auch unsere Gedanken drehen sich nun immer mehr um Essen, so sind wir froh, als wir die Hütte erreichen und somit Zeit für diese tolle Beschäftigung haben!

Heiko ist nach der anstrengenden Etappe und den Nachwehen der Lebensmittelvergiftung geschuldet erstmal ausser Gefecht. Ich päppel ihn mit Crackern mit Käse hoch, bis er bereit ist, den mitgebrachten Wein zu trinken. Gestern hat uns der Wein nicht so gut geschmeckt, deswegen war etwas übrig. Heute schmeckt er fantastisch 😉 Muss an der Hüttenluft liegen. Die Hütte füllt sich mit Hikern, die alle in unsere Richtung gehen. Mit uns acht „Nobos“. Wo die jetzt alle herkommen ist uns ein Rätsel. Jetzt sind wir also in einer „Nobo-Blase“. So ein Mist! Die Hütten auf dem Weg haben zwischen 5 und 6 Schlafplätze, das Wetter soll stetig regnerisch sein. Naja, jetzt sind wir ja erstmal in der Hütte, morgen ist morgen, wir werden sehen.

Tag 64

Red Hills Hut – Hunters Hut

Strecke: 20km

Schlafplatz: Hütte

Das Wetter ist, wie vorhergesagt, stark bewölkt und es regnet. Der Weg ist zuerst wunderschön mystisch. Roter Kies, tiefhängender Nebel, schöne Waldstücke. Dazwischen einige Kletterpassagen, die wir problemlos meistern. Stetiges up and down zehrt an den Kräften, dazu der Niesel,…schon anstrengend. Aber die Umgebung ist unwirklich schön mit viel Fels. Nach 4,5h erreichen wir unsere „Mittagshütte“. Schön, für kurze Zeit aus dem Regen zu kommen. Wir treffen 3 der 4 Hiker, die vor uns losgelaufen sind. Wir dachten, zumindest tagsüber wollen wir allein sein und haben ihnen einen ordentlichen „Headstart“ gegeben, während wir einen zweiten Kaffee genossen haben. Mist. Wir hatten gehofft, die sind deutlich schneller als wir und „springen“ ggf. eine Hütte. Da wir sie aber zu mittag eingeholt haben, sind sie eher langsamer als wir…

Der Weg nach der Hütte ist anspruchsvoll mit vielen Höhenmetern hoch und wieder runter über Kiesel, Geröllfelder und steinige Wege. Die Geröllfelder sind mir ein absoluter Graus und ein Vorankommen auf den instabilen Steinen sehr langsam. Die unterschiedlichen Farben der Mineralgesteine sind wunderschön und lenken uns kurz vor dem mieslichen Wetter und der eigenen Erschöpftheit ab.

Der Anblick der Hütte ist sehr willkommen! Die 4 Nobos sind schon da, aber diese Hütte hat sogar 8 Plätze, also Platz für uns! 2 der Nobos, John und Clive haben sich wohl entschieden, der „Blase“ zu entgehen, indem sie nur einen kurzen Tag gemacht haben. Two down, Four to go… Spät kommen noch zwei Italiener aus der Gegenrichtung, so ist die Hütte voll belegt. Aber lieber volle Hütte als zelten im prasselnden Regen!

Tag 65

Hunters Hut – Mit Weiora Hut

Strecke: 17,5km

Schlafplatz: Hütte

In der Nacht hat es stark geregnet, aber am Morgen ist es zwar bewölkt, aber zumindest trocken. Wir lassen uns Zeit, damit „die Horde“ weiterzieht. Die zwei Italiener sind supernett und wir plaudern entspannt bei einem zweiten Kaffee (kein Wunder, dass wir uns diesmal der Kaffee ausgehen sollte! Zu diesem Zeitpunkt waren wir aber noch nicht besorgt.). Keiner will so richtig los. Warum sind die zwei nicht in unserer „Blase“?

Naja, jetzt gehen wir erstmal zur 1. Hütte, dann mal sehen, ob wir da bleiben um ein bisschen Luft zwischen uns zu bringen. Zuerst gilt es up and downs zu bewältigen, bis ein langgezogener 500 Höhenmeter steiler Aufstieg zu bewältigen ist. Das Wetter hält. Oben angekommen spitzelt sogar zeitweise die Sonne!! Es ist ein unglaublich tolles Schauspiel, dass uns die Wolken zeigen. Sie fliegen vorbei, die Sonne zerstreut sie und man hat kurzzeitig ein bisschen Helle und Ausblick. Meist reichen aber die Sekunden, bis man die Kamera parat hat aus, um einen komplett in Nebel zu hüllen. Wie als ob der Nebel mit uns „spielt“. Wir überholen kurz vor dem Gipfel eine Mitwanderin (soviel zu unserem Plan, ihnen genug Zeit zu geben…). Oben am Grat geniessen wir weiter das Schauspiel. Es ist wircklich schön! Der Abstieg ist zum Teil steil und über Geröllfelder, aber man sieht von Weitem die „Mittagshütte“! Schön!

Wir machen gemütlich Pause. Nach 20 Minuten erscheint die Mitwanderin wieder, murmelt etwas von „keinem Hunger“?!?!?!?! und beeilt sich weiterzukommen. Naja, nicht unser Problem. Sie hat anscheinend Angst, dass die Hütte voll ist. Wenn das dann so ist, ist es so. Die zweite Etappe ist als sehr anspruchsvoll beschrieben. Erst am Fluss entlang mit 8 Überquerungen und dann – wirklich gefährlich – am rutschigen Hang oberhalb des Flussbettes. Steil, kein Halt, Kletterpassagen. In Deutschland würde es hier überall installierte Stahlseile geben, die einem helfen, Felsen zu überwinden oder zu steile Passagen zu gehen. Auf dem Trail gibt es nichts dergleichen. Üblicherweise finde ich das auch völlig okay, aber bei dieser Etappe wäre es bei ein paar Stellen wirklich angebracht gewesen. Wir kommen sehr langsam voran, es ist mühsam und eben auch sehr gefährlich. Aber, wir schaffen es und erreichen wohlbehalten die Hütte.

Wir haben Glück, ausser unserer 4 er Bubble ist kein entgegenkommender Wanderer dazugekommen, also ergattern wir die letzten zwei Schlafplätze. Sie empfehlen uns, eine gute Stelle zum Baden. Super, das ist nett! Wir nehmen diese Gelegenheit natürlich allzugerne wahr. Gerade als ich bade, kommt einer zum Wasserholen. Echt jetzt? Naja, damit muss der prüde Kanadier jetzt umgehen…..

Tag 66

Mid Weiora Hut – Mount Rintoul Hut

Strecke: 15km

Schlafplatz: Hütte

In der Nacht und morgens regnet es, wird wohl ein „Poncho Tag“. Egal. Wir lassen einen Teil der Wanderer ziehen, eine will heute nur einen halben Tag machen, sehr gut, three down, three to go! Unerwartet geht der Pfad erstmal eine Stunde steil im Wald nach oben. Gemeinsam mit dem rutschigen Waldboden (Wurzel + Wasser = Schmierseife) ist das kein richtiges Vergnügen. Aber wir kommen trotzdem gut voran. Jede Silbe der Bürschaft = ein Schritt. So arbeite ich mich Schritt für Schritt nach oben. Dann wird es weniger steil aber weiterhin eine Steigung. nach 3,5h erreichen wir den Abzweig zur Mittagshütte. Mmh, gerade regnet es nicht und die Hütte liegt ein paar Höhenmeter abseits. Die sparen wir uns und essen lieber am Weg.

Blöde Idee. Ganz ganz blöde Idee. Es fängt natürlich -just in dem Moment, als wir uns hinsetzen- stärker an zu regnen. Es bleibt uns nichts, als im Regen unsere Mittagspause zu „geniessen“. Kalt! Brrr!! So schnell wie möglich „verschlingen“ wir in kürzester Zeit soviele Kalorien wie möglich. Jeder isst einen Wrap mit Thunfisch und Ei, dann einen Wrap mit Nutella, dann zwei Handvoll Macadamia Nüsse, dann ein paar Gummibärchen, dann jeder einen vollen Löffel Nutella. Danach sind wir zwar nicht satt, aber mehr haben wir nicht pro Mittagsessen.

Frisch gestärkt gilt es wieder 500 Höhenmeter auf 1570 Meter aufzusteigen. Warum das im TA immer 500 Höhenmeter sind, weiss ich nicht, aber das Phänomen wiederholt sich. Was ein Tag! Oben auf dem „Purple Hill“ angekommen, eine phantastische Aussicht!! Neee, natürlich nicht. Tiefhängende Wolken, Dauerregen, keine Sicht. Gar keine. Null.

Wir laufen schnell über den Grad und wieder hinunter. Der Abstieg ist nicht so steil, sodass wir schnell unten ankommen. In Rekordzeit erreichen wir die Hütte und sind vor der Blase da. Sehr gut! Wir geniessen die Hütte und wärmen uns auf. Daumen drücken für besseres Wetter morgen, der angeblich anspruchsvollste Anstieg steht vor uns und – wenn das Wetter aufklart (was es laut Bericht tun sollte) – einer der mit spektakulärsten Aussicht des Trails. Wir werden sehen!

Tag 67

Mount Rintoul Hut – Old Man’s Hut

Strecke: 4,5 km (5h)

Schlafplatz: Hütte

Was ein Tag: Nass, kalt, ein Unfall mit Glück im Unglück und eine Art happy End.

Aber von vorne: Die bevorstehende Etappe soll die anspruchsvollste auf dem Trail sein, geschuldet dem steilen Aufstieg. Wir wappnen uns mit einem guten Frühstück und beginnen direkt hinter der Hütte mit dem Anstieg im Wald. Diesmal liegen 800 Höhenmeter vor uns. Ca. 600 bis zum Mount Rintoul (1760 Meter), 300 runter und dann wieder 200 hoch zum „little Rintoul“.

Sobald wir die Baumgrenze erreicht haben, führt der Weg steil über tiefen Schotter und Kiesel nach oben. Super! Ein Schritt hoch, 1/2 wieder runtergerutscht. So versteht man auch die Zeitangabe besser: nur 4,5 km aber 5 Stunden. Der Regen (der laut Vorhersage nur ein Tröpfeln sein sollte und vormittags ganz aufhören sollte) wird stärker. Es gesellt sich böiger Wind dazu. Wir kämpfen uns nach oben, kann ja nicht mehr schlimmer kommen. Von wegen, wie wir später sehen werden. Wir erreichen den Gipfel, null Sicht, horizontaler Regen. Trotzdem gibt es ein Gipfelfoto – müsst ihr uns halt glauben, dass das oben war… Weil es irgendwie schon fast wieder komisch ist, dass man so gar nichts sieht, machen wir sogar ein kleines Gipfelvideo. Seht selber!

Unglaubliche Sicht vom Gipfle des Mount Rintoul

Wir steigen ab um zum kleinen Bruder des Mount Rintoul zu gelangen. Gerade als es wieder über instabile Geröllfelder zum 2. Gipfel geht, passiert es: Au – Ich rutsche aus, und falle hin. Wie in Zeitlupe erlebe ich dann, wie mich das Gewicht des Rucksackes ins Rollen bringt. Uff – ein Stein und mein Solar Plexus machen intime Bekanntschaft. Jetzt verstehe ich auch, warum das beim Boxen immer die Zielgegend für den Schlag ist. Alle Luft entweicht auf einmal. Eine halbe Rolle weiter und – autsch – meine Schläfe und ein anderer Stein beschliessen engen Kontakt aufzubauen. Die nächste halbe Rolle wird vom Knie an einem Felsen gestoppt. Ohjeh. Erstmal scheint die Zeit still zu stehen, während ich Bestandsaufnahme mache und der geschockte Heiko zu mir eilt. Puh, im Grunde Glück gehabt: Eine grosse Beule bildet sich an der Schläfe – aber kein ernstzunehmender Schwindel. Viele Kratzer, ein paar Schürfwunden. Das Atmen geht, tief einatmen schmerzt, wird wohl eine Rippe geprellt sein. Das Knie ein wenig dick, aber bewegbar. Nach einer „Notfall – Energiezufuhr – Pause“ mit möglichst viel Zucker, dem Anlegen von drei Jacken, da der Schock mich zum zittern gebracht hat, laufen wir – ich etwas wackelig – weiter. Nach dem zweiten Gipfel ist eine Hütte, die etwas abseits des Trails liegt, das ist unser Ziel. Aufgrund der Wettersituation ist das auch die sicherste Entscheidung. In diesem Wetter könnte auch kein Helikopter landen und warten in dem Regen wäre auch keine reale Option. Die verbleibenden drei Stunden Auf- und dann wieder Abstieg sind – gelinde gesagt – hart. Physisch durch die Schmerzen, aber auch auch psychisch. Da heisst es „beissen“!

Dann erreichen wir die Hütte! Gottseidank!! Während ich mich hinlege und „Wunden lecke“, kümmert sich Heiko um Holz und macht ein schönes Feuer. Erstmal erholen, Beule, Knie und Rippe beobachten und dann morgen entscheiden, wie es weitergeht. Was ein Tag!

Im Schlafsack mit extra Portion Trost Schokolade, heissem Tee und prasselndem Feuer verdauen wir den Schock und geniessen die Ruhe in der Hütte – jetzt sind wir der Nobo Blase entkommen!

Tag 68

Old Mans Hut – Starveall Hut

Strecke: 15km

Schlafplatz: Hütte

Morgens lassen wir uns viel Zeit, wir wollen es nach dem Tag gestern langsam angehen lassen. Der Nachmittag und die Nacht haben gut getan. Wir checken nochmal den Beulen – Rippen- Knie Status. Fazit: Sehr gute Selbstheilungskräfte oder ist das der aufopferungsvollen Pflege von Heiko zuzuschreiben? Die Beule ist natürlich noch da, schmerzt aber nur auf Druck. Also: nicht draufdrücken – easy. Rippe macht sich beim einatmen und bei allen Über-Kopf-Bewegungen bemerkbar. Letztere stören nicht beim Wandern. Knie ist schmerzhaft, aber ignorierbar. Also los!

Das erste Mal seit Tagen sieht man (ganz kleine) blaue Flecke am Himmel. Kein Wunder wir nähern uns ja auch dem Ende der „Richmond Ranges“… Kein Regen, toll!! Wir steigen erst wieder 400 Höhenmeter auf. Und wir haben tatsächlich auch eine Sicht! Toll! Man ist umgeben von Bergen, ein traumhaftes Szenario! Wir wandern auf dem Grad, zwischen Old Mans Hill und Slaty Peek, beide auf ca. 1500 Metern. Die Sonne kommt tatsächlich raus und wir geniessen die Strahlen. Wir nutzen die Gelegenheit um wieder eine Aufnahme der „Bürgschaft“ zu machen. Schaut euch selber die tolle Aussicht an:

Die Bürgschaft, Friedrich Schiller, Teil 7, gewidmet dem Spender und rotarischem Freund Markus

Mittags erreichen wir „Slaty Hut“. Nach der Mittagspause der Entschluss: wir schaffen noch eine kleine Etappe (mit 2h berechnet) bis zur nächsten Hütte. Ich hätte das gestern nicht für möglich gehalten, aber die Schmerzen sind gut aushaltbar und ich kann sogar den Weg geniessen. Die Etappe beinhaltet weitere ups and downs, der Pfad ist aber relativ gut, sodass wir früh „Starveall Hut“ erreichen. Wir sind froh, dass es heute so gut gelaufen ist und uns das Wetter sogar ein wenig versöhnlich mit den „Richmond Ranges“ stimmt.

Tag 69

Starveall Hut – Rocks Hut

Strecke: 21 km

Schlafplatz: Hütte

Ohje, der Kaffee geht jetzt zur Neige… Wir geniessen jeden Schluck, der Rest ist so wenig, dass es wohl morgen kaum zur Färbung des Wassers reicht. Auch die Snacks gehen jetzt zur Neige, Zeit für das Ende der Etappe. Wir starten los. Bevor wir einen langen, steilen Abstieg meistern, geniessen wir die Sicht. Es wird – endlich mal wieder – ein sonniger Tag! Unten angekommen geht es immer am Fluss entlang bzw. darüber. Man könnte sicherlich durch „Steine hüpfen“ den Tritt in das Wasser vermeiden, aber die Schuhe – mittlerweile auch Heikos – sind so kaputt, dass selbst damit Wasser in die Schuhe gelangt. Also egal, wir sparen Zeit und laufen direkt durch.

Mittags erreichen wir Browning Hut und geniessen die Sonne. Die nächste Etappe birgt wieder einen 500 Höhenmeter steilen Aufstieg durch den Wald. Oben haben wir eine wundervolle Sicht bis auf Nelson. Schön! Der Weg bleibt sehr anstrengend, da es nun stetig auf und ab im Wald geht. Das ist wieder einer dieser Tage, wo man glaubt dass man nicht voran kommt.

Dann endlich kommt – wie aus dem Nichts – die Hütte! Welch schöne Überraschung!! Aus Ermangelung von Snacks essen wir noch ein Müsli vor dem Abendessen. Das stopft die einstündige Lücke bis zum Abendessen :)! Und danach noch Schoki und Whiskey – Juhu!!

Tag 70

Rocks Hut – Emerald Pool

Strecke: 15km

Schlafplatz: Zelt

Plan heute: Nur ein 1/2 Tag bis zur letzten Hütte im Te Araroa! Wir geniessen den letzten Kaffee (gefärbtes Wasser, das entfernt an den Geschmack von Kaffee erinnert) und auf geht es. Bis zur ersten Hütte geht es 2h steil bergab. Unangenehm aber gottseidank nur kurz. Bei der Midy Hut stoppen wir nicht mal, gehen gleich weiter zur „Captains Creek Hut“. Über drei swinging bridges bei relativ einfachen Weg. Wir sind vor Mittag an der Hütte. Wir essen gemütlich mittag. Irgendwie sind wir aber noch nicht bereit für „Feierabend“. Also entschliessen wir uns, weiterzuziehen und das letzte Mal auf dem Te Araroa wild zu campen.

Zur Erklärung: eine Etappe von 4 Tagen liegt zwar noch vor uns, der „Queen Charlotte Trail“, aber das ist ein häufig gegangener Wanderweg, sehr gut ausgebaut mit vielen Cafes, Hostels und Campingplätzen auf dem Weg. Dementsprechend ist das wild zelten nicht erlaubt.

Wir nehmen uns als Ziel „Emerald Pool“ vor, das ist eine Picknick und Badestelle am Pelorus River. Es geht noch ein wenig up und down und dann erreichen wir unser Ziel. Toll, ein Platz für ein Zelt und wir haben sogar einen Tisch samt Bank. Wildcampen de luxe! Wir nutzen die tolle Bademöglichkeit und richten uns auf eine geruhsame Nacht ein, die wir dann auch geniessen.

Tag 71, 72, 73 )Ruhetage

Emerald Pool – Pelorus Bridge – Nelson

Strecke: 13km plus 80km Hitch

Schlafplatz: Backpackers

Die letzten Kilometer bis Pelorus Bridge sind unspektakulär, hauptsächlich an einer Kiesstrasse entlang. Wir erreichen unser Ziel bereits um elf Uhr. Es gibt hier ein Cafe, wir stürzen uns auf die leckere Auswahl und schlemmen erstmal!! Wir lernen einen netten Amerikaner kennen, Jeff, der uns gleich einlädt bei ihm zu übernachten, wenn wir in Idaho, USA vorbeifahren. Deal! Und nun? Unsere Hüttenbekanntschaft Shona und Ant aus Nelson hatten uns zu sich eingeladen um zwei Resttage in Nelson zu verbringen. Wir hatten uns für den morgigen Tag angekündigt. Bleiben wir also noch einen Tag hier und hitchen dann nach Nelson? Wir beschliessen, gleich nach Nelson zu fahren und noch eine Nacht in einen Backpacker zu gehen, damit wir den beiden nicht noch eine zusätzliche Nacht auf die Pelle rücken.

Gesagt, getan, das erste Auto hält an, ein sehr nettes Ehepaar (Sie Engländerin, er Amerikaner) und fahren uns die 45 Minuten bis nach Nelson. Wunderbar! Wir checken ein und gehen dann erstmal unseren Hunger auf Burger und Bier stillen! Das war aber ein „Schlemmtag“! Super!!

Nach einer erholsamen Nacht holt uns Ant morgens ab und fährt uns zu sich nach Hause. Uns erwartet ein wunderschönes Haus mit traumhafter Sicht. Wir haben ein Zimmer mit eigenem Bad und WC und zwei wundervolle Gastgeber. Wir fühlen uns so willkommen und geniessen die Gesellschaft dieser tollen Leute! Abends besuche ich den lokalen Rotary Club Nelson West. Ein toller Abend mit wunderbaren Menschen. Ich hatte Gelegenheit den Club und das Projekt vorzustellen und wurde mit einer spontanen Spende belohnt. Vielen Dank!

Rotary Club Nelson West supports Hiking4Haiti!

Ant nimmt sich dann noch die Zeit, uns Nelson und die wunderbare Umgebung zu zeigen. Der „split apple“ inspiriert uns gleich für die Aufnahme der letzten Strophen der Bürgschaft.

Die Bürgschaft, Teil 8, gewidmet den Spendern Patrick und Monika

Tag 74
Strecke: Auto: 80 km, laufen: 3km
Schlafplatz: Zelt

Nach diesen wundervollen Tagen  bei Shona und Ant machen wir uns auf zu der letzten Etappe des Te Araroa: der Queen Charlotte Track. Er endet in „ship cove“,  von dort haben wir bereits ein Wasser Taxi nach Picton gebucht.

Wir haben beschlossen, diese Etappe sehr langsam anzugehen und jeden Schritt/Tag zu genießen. Obwohl es nur vier Tage sind, sind die Rucksäcke  ultraschwer. Mal sehen ob wir es schaffen alle Leckereien auf zu essen?!
Ant fährt uns ein Stück zu einem guten Hitch-Spot. Bereits das erste Auto hält an. Super! Beinahe zu schnell, da wir unseren Tracker im Auto liegen gelassen haben. Gottseidank erwischt uns Ant noch!

Wir fahren gemütlich nach Havelock. Vom Auto aus sehen wir einen alten Bekannten: John, ebenfalls ein TA Hiker. So lustig, dass wir ihn immer wieder treffen. Wir sind ihm schon vier mal begegnet und immer gibt es eine lange Geschichte, wie er uns wieder überholen konnte. Wir verlassen in Havelock unseren edlen Fahrer und haben wieder Glück, nach 5 Minuten hält ein weiteres Auto, dass uns uns bis zum Track Einstieg bringt – wo John bereits steht…

Wir freuen uns und lassen uns seine Geschichte erzählen, die einen Unfall, schlechtes Wetter, abbrechen des Trails und Quer-Wiedereinstieg beinhaltet. Wir verabschieden uns mit dem Versprechen ihn in Tauranga zu besuchen.

Nach 3 km erreichen wir bereits unser Tagesziel und geniessen die Sonne auf dem wunderschönen Platz, den wir ganz für uns haben.

 

Tag 75
Davis Bay Campsite bis Cowshed Bay Campsite
Strecke: 20 km
Schlafplatz: Zelt

Nachts wacht Heiko auf, weil es am Zelt zupft. Da es nicht aufhört, steht er auf, um die Ursache zu finden. Draußen laufen viele Opossums herum. Ich weiß, Sie sind eigentlich eine Plage hier, aber sie sind so süß! Heiko weckt mich und gemeinsam beobachten wir die kleinen Racker während ein wunderschöner Vollmond die Nacht fast zum Tag macht!

Trotz unseres nächtlichen Ausflugs starten wir frisch in den Tag und genießen es, Zeit für einen zweiten Kaffee zu haben. Der Weg bleibt immer mit schöner Sicht auf die Fjorde und ist wunderbar ausgebaut. Was für ein Genuss! Wir begegnen vielen Wanderern ohne Gepäck, die sich das Gepäck von einer Etappe zum nächsten bringen lassen.

Weil wir so gut vorankommen machen wir noch einen „sidetrip“ zu einem Aussichtspunkt, an dem wir mit traumhafter Aussicht unsere Mittagspause genießen. Die Sicht ist so schön, dass wir zum Abschluss der Spendenaktion „Strophe gegen Spende“ – mit der wir tolle 1800 € an Spenden gesammelt haben – das gesamte Gedicht aufnehmen. Dies widmen wir allen wunderbaren Spendern von Hiking4haiti- vielen lieben Dank!!

Die Bürgschaft, Friedrich Schiller, gewidmet allen Spendern von Hiking4Haiti

Nach dem Mittag erklimmen wir noch einen Sattel (400 Höhenmeter) und steigen dann wieder auf Meereshöhe ab.

Am Campingplatz erleben wir, wie diebisch Wekas sein können, beinahe läuft es mit unserer Keckstüte davon, lässt die Beute aber fallen, als Heiko „hinterherhechtet“! Auch die Chipstüte weckt Interesse, aber diesmal bin ich wachsam!

Wir laufen noch 500 Meter bis zum nächsten Pub und gönnen uns ein Bier – Luxus!!

Tag 76
Cowshed Bay bis Campbay Campsite
Strecke: 23km
Schlafplatz: Zelt

Ein weiterer wunderschöner Tag beginnt. Nach einem ausgiebigen Frühstück wandern wir um 9:00 Uhr los. Wieder führt uns der Weg immer am Fjord entlang, steigt langsam 400 Höhenmeter. Oben, mit traumhafter Sicht auf den Fjord geht es immer am Grad entlang.

Wieder ist der Weg, wie erwartet, perfekt angelegt und wir legen die ersten 15 km in knapp 4 Stunden zurück. Und wieder essen! Ein entgegenkommender Wanderer kommt. Er trägt ein kleines Radio.
Nach meiner freundlichen Intervention zieht er schnell, laut singend, wieder ab. Er konnte wohl nicht verstehen, dass wir die Ruhe, nur unterbrochen von unzähligen Vogelgezwitscher und dem Rascheln von sich anschleichenden Wekas seinem Radiogedudel vorziehen.

Wir kommen an unzähligen Pilzen vorbei, die Heiko als Steinpilze identifiziert. Sicher genug um sie heute zum Abendessen zu nutzen ist er aber nicht. Schade!

Wir erreichen den campsite in Rekordzeit. Dieser hat direkten Zugang zum Meer und wir genießen den verbleibenden Nachmittag.

Tag 77
Campbay bis Schoolhouse Bay Campsite
Strecke: 23 km
Schlafplatz: Zelt

Der letzte richtige Wandertag auf dem Trail verläuft relativ unspektakulär. Natürlich genießen wir weiterhin die traumhafte Sicht auf den Fjord.

Persönliches Highlight war aber unserer Kaffeepausen Spot, eine bewirtschaftete Lodge. In der Toilette entdecke ich eine Dusche. Sicher ist es nicht so gedacht, dass die Kaffeebesucher dort duschen, aber so schnell, wie wir nacheinander drin waren, geschrubbt und wieder draußen hat das gar niemand gemerkt! Eine Wohltat!

Flott erreichen wir danach den Campsite. Kein Pub in der Nähe heute, sowas!! Aber wir haben ja Whiskey und Schoki, das muss ja auch noch konsumiert werden! Mit gemischten Gefühlen richten wir uns auf den letzten Abend ein.

Tag 78
Schoolhouse Bay bis Ship Cove
Strecke: 5 km

Unser Boot von Ship cove geht um 10 Uhr, die Kurze Strecke ist mit 2,5h angegeben. Damit wir dann noch genügend Zeit haben, das Ankommen am Ende des Trails zu feiern, entschliessen wir uns um 7 loszulaufen. Kurz wundern wir uns über diese lange Zeitvorgabe, aber gut.

Mit zusammenpacken des Zeltes klingelt der Wecker um 6.00 Uhr. Im dunkeln packen wir zusammen und trinken einen Kaffee. Trotzdem sind wir schon um 6:50 loslauf bereit. Haben wohl doch ein wenig Routine erlangt! Es ist noch dunkel, also laufen wir -das erste Mal auf dem Trail- mit Stirnlampe los.

Während es langsam hell wird, erwacht der Wald zum Leben. Bellbirds erfreuen uns mit ihren „R2D2“ Geräuschen, überall raschelt es und wir geniessen das Farbspiel der aufgehenden Sonne. Einfach traumhaft!!

Nach 1 h erreichen wir Ship Cove. War wohl etwas übertrieben die Zeitangabe… Naja, dann haben wir nach den obligatorischen Fotos am „Captain Cook Denkmal“ noch Zeit für ein 2. Frühstück!

Wir haben es geschafft! 1300 km, 28 Nächte im Zelt, 33 in einer Hütte, 15 in einem Bett und 1 im Hobbit Haus, ungehörig viel Schokolade, vielen Litern Whiskey, traumhaften Tage, unzählig vielen Gespräche über Rotary und Hiking4haiti und wundervollen Begegnungen sind wir am nördlichsten Punkt der Südinsel angekommen. Irgendwie traurig, dass das jetzt vorbei ist, aber auch erfüllend, dass man alle Herausforderungen gemeistert hat. Mixed feelings!!

Wir nehmen das Boot nach Picton und dann nach Wellington und geniessen erstmal die Gastfreundschaft von Christine und Warren, die wir am Anfang unserer Reise in Invercargill getroffen hatten, und die uns spontan zu sich nach Hause eingeladen haben. Wir verbringen wundervolle Tage mit den beiden tollen Menschen! Erstmal sortieren und entspannen bevor wir die nächsten Abenteuer planen!!

Das Jahr hat gerade erst angefangen?

2019-04-01T00:46:20+02:00